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Die jüdische Gemeinde Laupheim und ihre Zerstörung

Gedenkbuch Seiten  332 - 336

LAMMFROMM, Clara, geb. Heumann,

Kapellenstraße 13

 

DR . ANTJE KÖHLERSCHMIDT

Clara Lammfromm, geb. Heumann, geb. am 4.2.1862 in Laupheim, gest. am 24.11.1939 in Laupheim, [OO Jacob Lammfromm geb. am 21.11.1858 in Buttenwiesen, gest. am 11.11.1929 in Laupheim.] 

Clara Heumann, verheiratete Lammfromm, wurde am 4. Februar 1862 in Laupheim geboren. Sie hatte eine Zwillingsschwester namens Friederike. Die beiden Mädchen waren die jüngsten der insgesamt fünf Töchter von Jakob Heumann (1821–1909) und dessen Frau Babette, geb. Eppstein (1825–1899). Jedoch nur Clara und ihre älteste Schwester Flora Neuhaus, geb. Heumann, erreichten das Erwachsenenalter. Zwei der Schwestern, Rosalie (1859–1860) und Fanny (1860–1863), sind im Kleinkindalter verstorben. Claras Zwillingsschwester Friederike starb bereits 12 Tage nach ihrer Geburt.1) Clara ist wie ihre Schwester Flora in Laupheim aufgewachsen und hat sehr wahrscheinlich hier die israelitische Volksschule besucht.

Am 21. Mai 1888 heiratete die 26jährige Clara Heumann in Laupheim Jacob Lammfromm. Ihr Mann stammte aus Buttenwiesen, einer jüdischen Landgemeinde der Markgrafschaft Burgau, in der seit dem 16. Jahrhundert bis 1942 eine stattliche Judengemeinde lebte. Jacob Lammfromm war ein Sohn des Spezerei- und Eisenhändlers Joseph Lammfromm (1804–1872) und dessen zweiter Ehefrau Peppi, geborene Sänger (1836–1904).2) „Die Familie Lammfromm genoss in Buttenwiesen einen sehr guten Ruf und gehörte zu den vermögenden jüdischen Familien. Das Haus befand sich am sogenannten Judenhof heute Marktplatz – in exponierter Lage, unweit der Synagoge.“3) An dieser ist der Großvater von Jacob Lammfromm, Jakob Mosche Lammfromm (1761–1822), von 1789 bis zu seinem Tode 1822 als Rabbiner tätig gewesen. Darüber hinaus hatte jener seinen Unterhalt als Krämer, Melber (bayer. für Mehlhändler) und Weinschenk verdient. Ein Onkel Jacob Lammfromms, der Kaufmann Israel Lammfromm (1863–1930), hat 1911 die Chronik der Marktgemeinde Buttenwiesen verfasst und herausgegeben.

Da die jüdische Volksschule in Buttenwiesen seit 1846 existierte, ist anzunehmen, dass Jacob Lammfromm diese besucht hat. Seine Mutter Peppi, geborene Sänger, stammte ebenfalls aus einer Rabbinerfamilie und war eine Nichte von Abraham Sänger (1789–1856), der 31 Jahre als Lehrer an der israelitischen Volksschule in Laupheim tätig gewesen ist.4) Jacob Lammfromm und Clara Heumann hatten sich vermutlich über die Familie Sänger in Laupheim kennengelernt. Dafür spricht, dass neben Claras Onkel Emanuel Heumann (1818–1896) Salomon Sänger (1833–1894), der jüngste Sohn von Abraham Sänger, als Trauzeuge vor dem Standesbeamten in Laupheim bei der Eheschließung auftrat.

Zur Zeit der Verehelichung war der Kaufmann Jacob Lammfromm in Darmstadt wohnhaft. Wann das Paar seinen Wohnsitz in Laupheim nahm, ist nicht bekannt. Jedoch wohnten die beiden schließlich laut Laupheimer Adressbuch von 1925 in der Kapellenstraße 13, dem Elternhaus von Clara.5)

Jacob Lammfromm war schließlich als Buchhalter in der Haarfabrik Bergmann in Laupheim tätig. Zudem führte er die Bibliothek der israelitischen Gemeinde. John Bergmann erinnerte sich an die eindrucksvolle Stimme des Laienvorlesers Jacob Lammfromm in der Laupheimer Synagoge, der während der Feiertage seinen Dienst versah. Die Ehe von Clara und Jacob Lammfromm blieb kinderlos .6)

Gemeindezeitung für die israelitischen Gemeinden Württembergs:

Laupheim. Am 21. November d. Js. [1928 d. V.] feierte in aller Stille Jacob Lammfromm seinen 70. Geburtstag. Sowohl durch seine Tätigkeit als Gemeindepfleger in der schlimmsten Zeit der Inflation, als auch als Hilfsvorbeter an den hohen Feiertagen wie überhaupt durch sein vorbildlich ruhiges und religiöses Leben hat er sich die Hochachtung und Verehrung der ganzen Gemeinde in hohem Maße erworben. Dies kam an seinem Ehrentage in schönster Weise zum Ausdruck. Möge ihm an der Seite seiner gleichgesinnten Gattin ein recht langer Lebensabend beschieden sein!“7)

 

Bereits im Jahr darauf verstarb Jacob Lammfromm am 11. November 1929, wenige Tage vor seinem 71. Geburtstag. Er wurde auf dem jüdischen Friedhof Laupheim, Grabstelle N 27/6, begraben. Seine Grabinschrift würdigt ihn:

„Hier ist begraben ein demütiger, gerechter und redlicher Mann, Jaakow Mosche, Sohn des toragelehrten Awraham Josef.“8)

Seine Frau Clara Lammfromm bewohnte in den darauf folgenden Jahren weiterhin in ihrem Elternhaus das obere Stockwerk, während ihre Schwester Flora Neuhaus im unteren wohnte, bis diese von ihrem Sohn Dr. Hugo Neuhaus im Juni 1936 im jüdischen Krankenhaus Gailingen/Baden untergebracht wurde. Clara verblieb in Laupheim. Sie war vermutlich auf Grund ihres fortgeschrittenen Alters von 74 Jahren nicht in der Lage, ihre kranke und gebrechliche vier Jahre ältere Schwester Flora selbst zu pflegen. Die beiden hielten in jener Zeit engen schriftlichen Kontakt. In einem der letzten Briefe von Flora Neuhaus vom 24. November 1936 aus dem jüdischen Krankenhaus Gailingen an die Familie ihres Sohnes in den USA erwähnte sie, dass sie die Briefe aus Amerika an ihre Schwester Clara nach Laupheim schicke.9)

Das Haus der Schwestern in der Kapellenstraße 13 (heute Nr. 14), in dem beide gewohnt haben, gehörte ursprünglich ihrem Vater Jakob Heumann. Nach dessen Tod 1909 wurde die älteste Tochter Flora Neuhaus, geb. Heumann, als Besitzerin ins Grundbuch eingetragen. Ihr Sohn Dr. Hugo Neuhaus trat kurz vor seiner Flucht ins amerikanische Exil als Verkäufer des Hauses auf. Dabei wurde zu- gleich das Nachbarhaus Höchstetter verkauft. Als Interessent trat der Kaufmann Wagemann auf. Da er den Kaufpreis für beide Häuser nicht aufbringen konnte, gewann er den Frisör Andreas Böhler mit Frau Martha, geb. Ott, als weiteren Käufer. Das Ehepaar Böhler erwarb das Haus Kapellenstraße 13 für 10 000 Reichsmark und baute ein bis heute existierendes Frisörgeschäft ein. Nach Schätzungen von Josef Benzinger, einem anerkannten Immobilienmakler aus dem Jahr 1946, war das Haus zu einem marktüblichen Preis verkauft worden, so dass die Familie Böhler keine weiteren Zahlungen nach 1945 leisten musste. Es ist noch heute im Besitz der Familie Böhler, die bei Arbeiten zur Haussanierung im Keller in den 1970er Jahren einen jüdischen Hochzeitsstein fand, auf dem neben einem teilweise erhaltenen Davidstern die hebräischen Buchstaben „Mem undTet als Abkürzungen für „Masel tov“, was viel Glück bedeutet, sowie zusammen mit der Jahreszahl 1822 die Namen Hirsch und Heumann stehen. Vermutlich waren Hirsch Heumann und Lotte Nathan das letzte Brautpaar, das an diesem Stein seine Ehe schloss. So haben sie ihn wohl beim Abriss der Synagoge 1822 gebor- gen und in ihr Haus eingebaut. Sie waren die Großeltern von Flora Heumann und Clara Lammfromm, geb. Heumann. Der Hochzeitsstein befindet sich im Museum zur Geschichte der Christen und Juden im Schloss Großlaupheim.10)

Gottfried Neuhaus, der Enkel ihrer Schwester Flora Neuhaus, geb. Heumann, erinnert sich an Clara Lammfromm:

„Sie war eine fröhliche Person, im Gegensatz zu ihrer Schwester Flora Neuhaus, die die Dinge ernster und pessimistischer betrachtete und ja in jungen Jahren traurige Verluste erleiden musste. Clara hatte nie Kinder, war aber bei den Nachbarskindern in Laupheim als lustige Seele beliebt. [. . .] Als ich sie kennenlernte, wohnte sie schon mit ihrem Mann Jacob Lammfromm im oberen Geschoss von Floras Haus an der Ecke Judenberg und Kapellenstraße.“ 11)
 

 

Clara Lammfromm, geb. Heumann.

 

Wo Clara Lammfromm seit dem Verkauf ihres Elternhauses im Jahre 1936 in Laupheim lebte, ist bis heute ungeklärt. Sie starb 77jährig am 24. November 1939 in Laupheim und wurde wie ihr Mann und ihre Schwester zuvor auf dem jüdischen Friedhof Laupheim, Grabstelle S 28/14, begraben.

 

 

1) Standesamt Laupheim. Familienregister Band V. S. 94 –95.

2) Ebenda und Hauptstaatsarchiv München: Jüdisches Standesregister von Buttenwiesen Nr. 024.

3) Brief von Franz X. Neuner, Buttenwiesen, vom 30. 8. 2004.

4) Vgl. Anm. 2 u. 3.

5) Standesamt Laupheim. Heiratshauptregister 1888, Nr. 12; Adreß- und Geschäfts-Handbuch für die

Oberamtsstadt und die Bezirksgemeinden Laupheim. München 1925. S. 9.

6) John Bergmann: The Bergmans from Laupheim. A family chronicle. Scarsdale 1983. S. 68–69; Auskunft von Ernst Schäll vom Februar 2003.

7) Gemeindezeitung für die israelitischen Gemeinden Württembergs, Stuttgart 17/1928, S. 219.

8 Hüttenmeister, Nathanja: Der Jüdische Friedhof Laupheim. Laupheim 1998, S. 503.

9) Privatarchiv Gottfried Neuhaus, Montclair, New Jersey, USA.

10) Gespräch mit Herrn Hubert Böhler, Sohn von Andreas und Martha Böhler, vom 13. 9.2004; Grund- buchamt Laupheim; Museum zur Geschichte von Christen und Juden, Schloss Großlaupheim.

11) Brief von Gottfried Neuhaus vom 12. 3. 2004.

12) Vgl. Anm. 8, S. 519.

 

 

Fotonachweis:

Privatarchiv Gottfried Neuhaus, Montclair, USA: Fotos der Personen. Foto-Archiv Theo Miller, Laupheim: Kapellenstraße.

Museum zur Geschichte von Christen und Juden, Schloss Großlaupheim: Jüdischer Hochzeitsstein.

 

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